4. Gemeinde

4.1 Das Wappen und Siegel der Gemeinde Weilen

Seit mindestens 250 Jahren führt unsere Gemeinde ein Wappen, dessen Bindenschild auf die einstige Zugehörigkeit zu Vorderösterreich hinweist. Die Farben sind: In Rot ein silberner (weißer) Balken, belegt mit einem 8-strahligen roten Stern zwischen den lateinischen roten Großbuchstaben V und R. Die Ortsfarben sind Rot-Weiß.

Der rot-weiß-rote Bindenschild muß noch während der Zugehörigkeit des Ortes zu Vorderösterreich spätestens zu Ende des 18. Jahrhunderts angenommen oder verliehen worden sein. Das alte Fleckenzeichen ist wohl der Stern. Er erscheint in allen älteren bekanten Siegeln; in neueren Gemeindesiegeln fehlt er. Die Direktion des Staatsarchivs in Stuttgart machte darauf aufmerksam, daß die Sterne unbedingt im Wappen zu führen seien.

Die Buchstaben V und R sind die Initialen des Gemeindenamens. Da kein W, sondern ein V steht, ist vermutet worden, daß diese Buchstaben zu einer Zeit ins Wappen gekommen seien, als man Weilen mit V schrieb. Aber Weilen wurde immer mit W geschrieben. Doch da der deutsche Buchstaben W aus einem Doppel -V (VV) entstand und offizielle Inschriften früher meist lateinisch wiedergegeben wurden, ist das V in unserem Wappen besser zu erklären.

4.2 Die Vögte, Schultheißen und Bürgermeister

Der Titel Ortsvorsteher hat sich im Laufe der Zeit geändert. Während der österreichischen Herrschaft (bis 1.Januar 1806) wurden die Ortsvorsteher Vögte genannt und die Kreisvorsteher Obervögte. Von 1806 an, als unser Gebiet zu Württemberg kam, bis 1934 hießen die Ortsvorsteher Schultheißen und seit 1934 Bürgermeister. Die letztere Bezeichnung will sich nur zögernd einbürgern; der Ortsvorsteher wird meist heute noch als Schultheiß tituliert; bis vor einigen Jahren konnte man von älteren Leuten noch Vogt hören.

Die Ortsvorsteher sind von 1582 an namentlich nachzuweisen. Von 1582 bis 1615 ist Hans Seifriz als Vogt in Weyler genannt. Sein Nachfolger war sehr wahrscheinlich sein gleichnamiger Enkel Hans Seifriz. Dieser hat der Kaplanei einen silbernen Kelch gestiftet, der noch erhalten ist; auf dem Kelchfuß steht in gut lesbarer Schrift: „Diesen Kelich hat Hans Seifridt der alte tzuo Weilen dem hailige Nikolaus machen lassen anno 1662.“ Vogt Hans Seifriz ist 1664 gestorben. Sein Nachfolger war wohl sein Sohn, der wieder Hans Seifriz hieß und Junghans Seifriz genannt wurde. Er ist 1611 oder 1612 geboren. Dieser Vogt starb 1685.

Nach ihm folgte Jakob Krachenfels, geboren 1640, gestorben 1683, also schon mit 43 Jahren.

Als Nachfolger nennen die Urkunden einen Johann Georg Koch , Kleinjörg geheißen. Von ihm erzählen die alten Leute viel Interessantes.Er wohnte im Gebäude Nr.52 bei der Kirche (der alten Gastwirtschaft zum Kreuz, die von August Koch, dem jetzigen Kreuzwirt, abgebrochen wurde). Hansjörg Koch war ein großer Bauer und hielt Knechte und Mägde; er soll viel mit seinem Pferd ausgeritten sein. Wenn er am Abend von Deilingen geritten kam und am Katzensteigle (auf dem geraden Weg, der früher mehr begangen wurde als heute) angelangt war, so feuerte er seine Pistole ab. Die Knechte und Mägde mußten dann schon bereit sein, ihn zu empfangen und das Pferd in den Stall zu bringen. Er soll außer einigen Pferden und Vieh auch eine Schafherde gehabt haben. In Löchern hätte er fast 100 Morgen Felder gehabt. Er hat Grundstücke zur Kaplaneipfründe gestiftet (Pfarrfeld). Von seinen 4 Kindern heirateten die 3 Töchter alle nach Schömberg; Maria einen Kaspar Rottler, Rosina den Kronenwirt Georg Tot und Anna den Amtsverwalter Eha. Das Haus des Amtsverwalters Eha war der jetzige Konsum, früher Ladengeschäft Eha (Mesmers) und wurde von Kleinjörg erbaut. Als 1716 bei der Tauffeier eines Enkels in Schömberg im Gasthaus zur Krone, die damals in der alten Hauptstraße lag, die Gäste schon etwas zu viel getrunken hatten, wettete Vogt Johann Georg Koch, daß er mit seinem Pferd von außen durch die Wirtschaftstüre hereinreiten wolle ohne jeden Anstand; die unsinnige Wette endete damit, daß das Pferd im zu niedrigen Türrahmen dem alten Großvater Jörg Koch den Brustkorb eindrückte. Er wurde so schwer verletzt, daß er am nächsten Tag in Weilen starb. Das jetzige Pfarrhaus in Schömberg war ebenfalls Eigentum des Vogts Johann Georg och; Schömberg kaufte es im Jahre 1715 und baute es zum Pfarrhaus um. Diese Begebenheiten hat mir Dekan Lackner aus schriftlichen Aufzeichnungen mitgeteilt.

Auf Johann Georg Koch folgte der Bauer Martin Witz. Dieser war 10 Jahre lang Vogt. Von 1715 ab ist als Vogt wieder ein Hans Seifriz (Zeilis Hans) genannt.

Von 1728 an ist Jakob Seifriz als Vogt in Weilen aufgeführt. Er ist 1746 gestorben. Im hohen Alter wurde er Altvögtle genannt. Als Nachfolger von Jakob Seifriz wird Zyriak Seifriz erwähnt. (von 1739 bis um1749); er ist 1705 geboren und 1779 gestorben. Von 1750 bis 1753 wird ein Michael Seifriz als Vogt aufgeführt. Er war ein Sohn des Vogts Jakob Seifriz und wurde auch „Vogts Michel“ genannt. Von 1754 bis 1758 ist ein Hans Koch als Vogt aufgezeichnet; er ist 1688 geboren und 1758 gestorben. Seine Ehefrau war Theresia Hehl aus Schömberg. Sie hat die Kreuzpartikel im Wettersegenkreuz hier gestiftet. Von 1759 bis 1764 ist ein Leopold Riedlinger als Vogt aufgeführt. Er ist 1699 geboren und 1766 gestorben. Als Nachfolger wird wiederum Zyriak Seifriz genannt; dieser war ja bereits schon von 1739 bis 1749 Vogt. Seine zweite Amtszeit ging von 1765 bis 1775. Von 1778 bis 1782 war Josef Seifriz, Weiß genannt, hier als Vogt tätig. Er ist 1733 geboren und 1803 gestorben.   In den Jahren von 1784 bis etwa 1798 war der Bauer Klemens Seng hier Vogt. Er ist 1753 geboren und 1810 an einem Schlaganfall gestorben. Dieser Vogt hatte eine schöne Handschrift. Im Jahre 1781 hat er ein Güterbuch geschrieben, das heute noch im Rathaus vorhanden ist. Es fällt angenehm auf durch die schöne Schrift, oftmals mit Initialen geschmückt. Vogt Klemens Seng wohnte hinter dem Backhaus in dem alten Gebäude Nr. 48, das 1914 abgebrannt ist.

Von 1798 bis 1803 war der Schneider Matthäus Seifriz Vogt von Weilen. Er ist 1754 geboren und 1809 gestorben. Im Jahre 1803 wurde der Bauer Josef Weinmann zum Vogt gewählt, geboren 1764 und 1838 gestorben. Dieser Mann war 19 Jahre lang Ortsvorsteher. Er war auch der letzte Vogt; ab 1806 führte er den Titel Schultheiß. Sein Urenkel Johann Weinmann war der letzte Schultheiß und erste Bürgermeister (1917 bis 1937 Ortsvorsteher). Vogt Josef Weinmann wohnte im Haus Nr. 21 in der Stellestraße. Seine Tätigkeit fiel in die schwere Zeit der Napoleon-Kriege mit den vielen Einquartierungen, Kriegslasten und Hungerjahren. Während der Amtszeit von Josef Weinmann wurde das jetzige Rathaus 1821/22 als Schul- und Rathaus zugleich erbaut. Vorher machten Vögte und Schultheißen ihren Schriftverkehr zuhause. Dort hatten sie die Akten sowie ihr Amtszimmer. Ein Teil der Akten wurde auch im Pfarrhaus aufbewahrt.

Von 1823 bis 1826 war Ignaz Seifriz Schultheiß, er wurde Michelis Nazi genannt, weil sein Vater Michael Seifriz hieß; er ist 1775 geboren und in Rottweil 1856 gestorben. Er wohnte im Haus Nr. 5 in der oberen Straße und hatte keine Kinder. Während seiner Amtszeit soll alles verlottert sein, und nach Aussagen mehrer alter Männer wurde er abgesetzt.

Ein guter Nachfolger von Ignaz Seifriz war der Bauer und Bierbrauer Anton Stengele; er wurde 1826 zum Schultheißen gewählt. 1783 in Kolbingen geboren, machte er den Krieg gegen Rußland mit, zusammen mit dem Weilener Bauer Matthias Koch. Nach dem Krieg besuchten sie einander; und so lernte Anton Stengele die Tochter Maria von Magnus Seifriz im Has Nr. 56 in der Oberen Dorfstraße kennen. Sie heirateten hier 1815, nachdem Anton Stengele bereits einige Zeit im alten Gasthaus zum Kreuz bei Joachim Koch als Knecht und Bierbrauer tätig war. Als Schultheiß war Anton Stengele streng; er hatte bald wieder Ordnung in die Gemeinde gebracht. In den Strafregistern sind in den ersten Jahren seiner Amtszeit viele Einträge wegen Waldfrevels, Raufhändel, Schlägereien, Nachtruhestörungen usw. eingetragen. Schultheiß Stengele war ein sehr intelligenter Mann, was aus den Gemeinderatsprotokollen und sonstigen Berichten hervorgeht. Schon der Umstand, daß er als Fremder und eingeheirateter Mann zum Schultheiß gewählt wurde, beweist, daß er geachtet und beliebt war. 1826 wurde er zusammen mit 2 weiteren Männern aus Weilen als Abgesandter nach Stuttgart und Rottenburg ge-schickt wegen der Errichtung der Pfarrei und ihrer Besetzung. Nach den Aufschrieben in den Gemeinderatsprotokollen hatte er Erfolg. Während der Amtszeit von Schultheiß Anton Stengele war das Dorf Weilen übervölkert; die Leute hatten wenig Verdienst. Im Jahre 1848 zählte die Einwohnwerschaft mehr als heute (1968), nämlich 426 Einwohner. Es dürfte oft vorgekommen sein, daß einer aus Not zum Dieb wurde. Auch der Schulneubau kam unter Schultheiß Stengele zustande. Wie arm die Leute, wenigstens ein großer Teil, waren, geht daraus hervor, daß man einige Jahre lang eine Volksküche für arme Leute einrichten musste. Es wurden in dieser Küche oft bis zu 90 Personen mit Essen versorgt; es gab Hafer- und Kartoffelsuppe oder Gemüse. Im Jahre 1857 gab Anton Stengele das Schult-heißenamt ab, er ist 1868 gestorben.

1857 wurde der erst 32 Jahre alte Bauer Lorenz Koch zum Schultheißen von Weilen gewählt. Er ist hier 1825 geboren und mit 82 Jahren 1907 gestorben. 39 Jahre lang stand er der Gemeinde vor, bis April 1896. Er wohnte im Haus Nr. 38 in der Hauptstraße. Während seiner Amtszeit wurde das bürgerliche Standesamt eingeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Standesamtsfälle – Geburten, Ehen und Sterbefälle – nur in den Pfarrbüchern registriert und eingetragen. In Württemberg wurde dann noch das Familienregister eingeführt, das bei den Pfarrämtern schon viel früher angelegt worden war. Das Taufregister übrigens wurde von den Pfarrern bereits seit 1609 geführt.

1896 wurde der Weber und Bauer Johann Georg Blepp, geboren 1851 zum Schultheißen gewählt; er war Ortsvorsteher bis zu seinem Tod 1917. In seine Amtszeit fiel der Aufschwung der Landwirtschaft und der Industrie. Der Verdienst wurde besser, besonders nach 1900. 1904 wurde auf Anweisung von Schultheiß Blepp eine Ortsbibliothek mit 86 Büchern gegründet; es waren meist Bücher und Hefte landwirtschaftlichen Inhalts. Auch einige Romane waren darunter von den Schriftstellern Christoph von Schmid, Stifter und Stolz. Blepp hatte eine schöne, gut leserliche Schrift, die ihm bei den vielen Verhandlungen mit Behörden zustatten kam. Während seiner Amtszeit wurde die Wasserleitung gebaut, und im gleichen Jahr 1900 wurde der Choranbau an die Kirche erstellt. Auch die Einführung des elektrischen Stromes im Jahre 1913erlebte er als Schultheiß sowie die Verhandlungen mit der Staatseisenbahn wegen der Errichtung einer Bahnhaltestelle in Löchern.

Die schwerste Zeit für Schultheiß Blepp war der Krieg 1914 und die damit verbundene Rationierung der Lebensmittel sowie die Einführung der Lebensmittelkarten.

Als im April 1917 Schultheiß Blepp krank wurde, musste sein Stellvertreter Johann Weinmann, Wagner, die Schultheißengeschäfte versehen. Dieser wurde nach dem Tode von Blepp zum Schultheißen gewählt. Johann Weinmann hat in den 20 Jahren seines Wirkens als Ortsvorsteher sehr viel geleistet. Gleich zu Anfang seiner Dienstzeit musste er sich mit Lebensmittelkarten und der Rationierung der Verbrauchsgüter, wie Schuhe und Kleidung u.a., befassen. Die Landwirte wurden zu Ablieferungen gezwungen, deren Quantum sie oft mit dem besten Willen nicht erfüllen konnten. Es fanden Hausdurchsuchungen und Probemelken durch Polizei und fremde Privatpersonen statt. Der Schultheiß musste meistens dabei sein und wurde von den Bauern oft beschuldigt, der Kommission geholfen zu haben. Nach Beendigung des Krieges zehrte die Inflation die Finanzen der Gemeinde auf und auch die der Privatleute. Eine geregelte Gemeindeverwaltung war fast nicht mehr möglich, da die Einwohner keine Steuern mehr bezahlen konnten. Doch schnell erholte sich die Gemeinde wieder, und es konnten verschiedene Probleme gelöst werden. Im Jahre 1925 wurde die Dreschhalle erbaut. 1926 und 1927 wurde der Rennenwasen entwässert, und 1928 wurde das Schulhaus umgebaut, wobei die Schulräume in den unteren Stock und die Lehrerwohnung in den zweiten Stock verlegt wurde. Wie beliebt Schultheiß Johann Weinmann in seiner Gemeinde war, bewies seine Wiederwahl im Jahre 1928; 98 Prozent wählten ihn wieder. Im Jahre 1934 wurde laut Gesetz verkündet, daß die Schultheißen künftig mit Bürgermeister zu titulieren seien. Im Jahre 1937 setzte die Hitler-Regierung, vertreten durch die Kreisleitung, Bürgermeister Weinmann und Bürgermeister Dannecker von Ratshausen ab, um den Weg zur Eingemeindung nach Schömberg frei zu machen Als vorläufiger Stellvertreter wurde Karl Weinmann von der Kreisleitung in Balingen bestimmt.

Aber bereits am 1. Juli 1938 setzte die Kreisleitung Bürgermeister Karl Kiener von Schömberg auch zum Bürgermeister von Weilen ein. Wie bereits berichtet, wollte die Kreisleitung in Balingen die Eingemeindung nach Schömberg durchführen; das Standesamt wurde 1939 aufgehoben und an Schömberg angegliedert. Die Eingemeindung sollte am 1. Juli 1939 vollzogen werden. Aber es kam nicht so weit, denn es hatten sich 2 Männer mit Verbindungen nach Tübingen und Stuttgart eingesetzt. Es wurde daher alle wieder abgeblasen. Diese beiden waren der Gemeindepfleger Johannes Weinmann und Josef Koch (der Schreiber dieser Chronik). Weinmann hatte einen Neffen, der Oberbürgermeister und Kreisleiter in Tübingen war. Ich ging zuerst zu Landrat Sinn in Balingen, der die Kreisleitung und die Hitler-Regierung sowieso nicht ausstehen konnte und später abgesetzt wurde. Weiter schrieb ich durch die Vermittlung eines Kriegskameraden an Innenminister Schmid in Stuttgart, der mit ihm verwandt war. Diese beiden Schachzüge haben geholfen, die Selbständigkeit Weilens zu erhalten. Die Gemeinde Weilen ist aber Bürgermeister Kiener von Schömberg auch zu Dank verpflichtet; denn er hat auch viel geleistet. Er hat das Haus Nr.62 in der Breitenriedstraße gekauft, zu einem modernen Farrenstall umgebaut und eine dritte Wohnung eingerichtet; die Wohnung im Erdgeschoß diente als Kindergarten. Auch die Obstbaumpflanzungen auf der Allmand wurden auf Kieners Anordnung vorgenommen; damals hatte das Obst noch mehr Wert als heute. 1942 wurde Bürgermeister Kiener zur Wehrmacht einberufen. Er gab für Schömberg und Weilen je einen Stellvertreter an. Für Weilen hat er mich genannt. Damals sah man aber schon, daß der Krieg bereits verloren war. In der Befürchtung, daß die Siegertruppen nach ihrem Einmarsch zuerst den Ortsgruppenleiter und dann den Bürgermeister erschießen oder hängen, habe ich zunächst nichts auf dem Rathaus getan, als die Post auf dem Tisch bereitgelegt und bin wie vorher meiner Arbeit im Sägewerk nachgegangen.

Nach einigen Tagen erhielt ich eine Vorladung von der Kreisleitung. Kurz nach 14 Uhr fuhren 2 Autos vor mit dem damaligen Kreisleiter Lüdemann und einem weiteren Herrn von der Kreisleitung sowie vom Landratsamt Landrat Dr. Zeller und Oberinspektor Meck. Sie fragten mich, was denn eigentlich in Weilen los wäre und warum keine Berichte auf Anfragen des Landratsamtes eingingen, nichts würde beantwortet. Darauf gab ich zur Antwort, daß Bürgermeister Kiener gesagt hätte, daß er in einigen Tagen wieder zurückkommen werde. Ich konnte doch nicht die Wahrheit sagen, daß der Krieg doch eigentlich bereits verspielt sei. Nach längerem Hin- und Herreden sagte Kreisleiter Lüdemann: „Ich frage sie jetzt zum letzten Mal, nehmen sie den Posten des Bürgermeisters an oder nicht, ich will ein klares Ja oder Nein hören.“ Ich antwortete mit Nein. Die Herren verließen danach das Rathaus, und der Kreisleiter sagte zu mir: „Sie werden von uns in ganz kurzer Zeit hören.“ Nach 3 Tagen erhielt ich einen Stellungsbefehl der Wehrmacht. Ich ging am nächsten Tag nach Balingen auf das Landratsamt zu Landrat Dr. Zeller und fragte ihn, ob das die Quittung sei für die Absage. Er sagte mir, wenn ich den Bürgermeisterposten annehme, so könne ich hier gleich den Einberufungsbescheid abgeben. Das habe ich dann gemacht. So wurde ich Bürgermeister von Weilen. Das Amt habe ich dann 23 Jahre ausgeübt. Darüber möchte ich hier nur noch eines berichten. Vor 1940 war kein Weg der Markung befestigt. Erst der Bohlbühlweg hatte eine Vorlage erhalten, und zwar unter Bürgermeister Kiener von Schömberg. Ein Weilener Bürger äußerte damals, daß man diese Steine gar nicht gebraucht hätte, denn bei schönem Wetter seien die Wege doch gut. Heute sind sämtliche Feldwege und zum größten Teil die Waldwege befestigt und zu jeder Zeit befahrbar. In der heutigen Zeit mit den vielen Traktoren und Maschinen wäre ein Feldanbau ohne feste Wege unmöglich. Auf andere Tätigkeiten wie Wasserbeschaffung usw. und die Mühen bei den Ablieferungen möchte ich hier nicht eingehen. Die Bürgermeister wurden während des Zusammenbruches oft misshandelt; es kam öfters vor, daß man auf eine schoss. Das Leben war manchmal unerträglich. Ich habe mir oft gewünscht zu sterben, um von dieser Last befreit zu werden. Endlich als ich 70 Jahre alt war, habe ich das Amt des Bürgermeisters gekündigt.

Am 6. Dezember 1964 fand dann die Wahl des Nachfolgers statt. Erwin Weinmann (Bohl Erwin) wurde mit großer Stimmenmehrheit gegenüber dem Mitbewerber gewählt. Seit 1.Februar 1965 ist er Bürgermeister der Gemeinde Weilen; er ist der Sohn von Johannes Weinmann, der hier bis zu seinem Tod 1941 Gemeindepfleger war. Während der Amtszeit von Bürgermeister Weinmann ist schon viel geleistet worden: besonders die Fertigstellung der Ortskanalisation und 1969 der Bau eines neuen Weges von der Breite in den Honau-Wald.

Nun soll auch noch etwas über die Besoldung der Bürgermeister berichtet werden. Es gehen immer wieder Gerüchte herum, daß der Bürgermeister über 1 000 Mark Monatsgehalt hätte. Dieser stimmt bei weitem nicht, und ich möchte hier diese Angelegenheit richtig stellen. Ich fange bei Schultheiß Blepp an; dieser hatte 200 Mark Jahresgehalt. Später wurde es auf 250 Mark erhöht. Schultheiß Johann Weinmann bezog 1930 und später ein Monatsgehalt von 60 Reichsmark. Auch ich hatte monatlich noch 60 Reichsmark; erst nach dem Krieg wurde auf 80 Mark erhöht. 1950 betrug das Gehalt 116 Reichsmark; zu dieser Zeit verdienten hier die Arbeiterinnen in der Nähfiliale in 10 Tagen dasselbe. Im Jahre 1953 kam ein Gesetz heraus, durch das die Gehälter der Bürgermeister geregelt wurden. Ich erhielt dann 165 Mark Gehalt im Monat und kam in die Angestelltenversicherung. Bis zu dieser Zeit mußten sich die Bürgermeister in der Invalidenversicherung selbst versichern; die Gemeinde als Arbeitgeber brauchte keinen Anteil entrichten. Mein höchstes Monatsgehalt betrug im Jahr 1965 nur 520 DM; davon waren noch Lohnsteuer und Soziallasten zu bezahlen. Das Amt des Bürgermeisters ist also nicht so lukrativ, wie einige meinen.

4.3 Die Gemeindepfleger und Gemeindebediensteten

Der Gemeindepfleger ist nach dem Gemeinderat und dem Bürgermeister die wichtigste Person in der Gemeinde. Er verwaltet das Gemeindevermögen, zieht Steuern ein, zahlt die Gehälter und Löhne aus und verwahrt das Bargeld in seinem Kassenschrank. In den früheren Jahren, als der Ortsvorsteher noch Vogt oder Schultheiß genannt wurde, hießen die Gemeindepfleger Bürgermeister. Zur Zeit, als Weilen zu Österreich gehörte, waren hier 2 Gemeinderechner bzw. Bürgermeister angestellt. Auch das Amt des Gemeindepflegers ist nicht immer leicht, besonders in Notzeiten, wenn das Geld knapp ist. Es müssen Zahlungen an die Gemeinde oft eingetrieben werden. Dadurch machen sich die Gemeinderechner natürlich unbeliebt. Auch gibt es Leute, die behaupten, sie hätten dieses oder jenes schon bezahlt. Daher ist es besonders wichtig, daß der Gemeindepfleger eine klare und saubere Buchführung hat. Die Prüfung der Rechnungen und des Kassenbestandes wird jeden Monat durch den Verwaltungsaktuar vorgenommen. Die Verwaltungsaktuare sind auch für den Bürgermeister als Berater tätig. Ein guter Verwaltungsaktuar ist eine große Hilfe für eine Gemeinde. Im Laufe der Zeit wurde sowohl bei den Gemeindepflegern als auch bei den Bürgermeisterämtern die Geschäftsführung immer komplizierter und umfangreicher. Wenn man die Gemeinderechnungen vom Jahr 1807 bis herauf zu 1900 zur Hand nimmt, fällt einem sofort auf, daß ihr Umfang von Jahr zu Jahr größer wird, und auch nach 1900 werden die Gemeinderechnungsakten immer umfangreicher. Heute ist eine Gemeinderechnung mindestens 5mal größer als eine vor 100 Jahren.

Nachfolgend werden die Gemeindepfleger namentlich aufgeführt,
vom Jahre 1807 bis 1968:

Von 1807 bis 1810Josef Riedlinger und Konrad Blepp
Von 1811 bis 1815Konrad Blepp
Von 1816 bis 1820Georg Weinmann
Von 1821 bis 1823 Ignaz Seifriz (Schultheiß 1823-1826)
Von 1824 bis 1827Josef Seifriz
Von 1828 bis 1830Josef Dieringer
Von 1831 bis 1845Konrad Seifriz
Von 1846 bis 1851Lorenz Koch (Schultheiß 1857-1896)’
Von 1852 bis 1856Ignaz Koch (Koch Nazi)
Von 1857 bis 1859Georg Weinmann
Von 1859 bis 1865Ferdinand Seifriz
Von 1865 bis 1895Maximilian Seifriz
Von 1895 bis 1896J. Georg Blepp (Schultheiß 1896-1917)
Von 1896 bis 1898Josef Koch (Hansen Josef, gest. 1898)
Von 1898 bis 1913Franz Xaver Krachenfels
Von 1913 bis 1917Joh. Weinmann(Schultheiß 1917-1937)
Von 1917 bis 1930Georg Seifriz
Von 1930 bis 1941Johannes Weinmann (+)
Von 1941 bis 1943Karl Weinmann (+)
Von 1943 bis 1964Josef Anton Dieringer
Von 1964 bis 1967Josef Anton Weinmann
Von 1968 anErwin Weinmann, Schreiner

Für die landwirtschaftlichen Gemeinden setzte die Hitler-Regierung einen Ortsbauernführer ein. Der Amtsinhaber wird heute als Orts-Obmann bezeichnet. Dieses Amt war besonders im Jahr 1945 schwer, als die Militärregierung die Ablieferungen zur Versorgung von Wehr- und Besatzungsmacht und auch von Zivilpersonen verlangte.

Zur persönlichen Verfügung des Ortsvorstehers und Gemeinderats ist der Amtsdiener bestellt. Früher war der Amtsdiener auch zugleich Ortspolizist und hatte Polizeigewalt. Letztere ist an die Landespolizei übergegangen. Früher hatte der Amtsdiener auch in den Gaststätten die Polizeistunde anzusagen und zu überwachen.

Mit dem Amt des Polizeidieners war in Weilen früher das Amt des Nachtwächters meistens verbunden. Der Nachtwächter hatte die Stunden in der Nacht mit den damals gebräuchlichen Gesängen laut anzusingen.Vor allem aber hatte er vor Feuergefahren u warnen. Bei seinen Kontrollgängen musste er besonders darauf achten ob Feuer ausbrach.

Des Frohnmeisters Aufgabe besteht darin, daß er die Arbeiten, welche die Gemeinde im Taglohn, Stundenlohn oder Akkordlohn ausführen lässt, überwacht, und die Stunden der Arbeiter verbucht, damit eine gerechte Entlohnung stattfinden kann. Das Wort Fronen (Herrendienst) ist uralt und noch ein Überbleibsel von den Frondiensten für die Herrschaft, die von den Untertanen und Leibeigenen unentgeltlich verrichtet werden mußten. Auch die Gemeinde zog früher ihre Bürger zu Frondiensten heran (Hand- und Gespannfronen), ohne eine Vergütung dafür zu gewähren. Erst später wurde das Fronen bezahlt und stattdessen eine Fronsteuer eingeführt.

Auch der Brunnenmeister hat in der Gemeinde eine wichtige Aufgabe zu erfüllen; die Versorgung mit Wasser und die Überwachung der Wasserleitung ist sein Gebiet, welches sich seit der Einführung der Druckwasserleitung im Jahre 1900 sehr erweitert hat. Näheres siehe im Kapitel über die Wasserleitung (siehe Kapitel 8.5).

Bis zum Jahre 1846 hatte die Gemeinde Weilen noch keinen eigenen Farrenstall, die Farren wurden an private Landwirte zur Haltung verakkordiert. Meist waren es 2 Farren, die in der Regel an 2 Stellen untergebracht waren. Die damaligen Farrenwärter mußten das Futter für die Farren selber einbringen, und sie erhielten neben Geld noch Grundstücke (Wiesen) von der Gemeinde zur Pacht.

In den Jahren vor 1890 war das Amt des Wald- und Feldschützen an 2 verschiedene Männer vergeben. Jeder hatte seinen eigenen Bereich. Der Feldschütz hatte die Felder und Obstbäume zu überwachen. Bei Befahren der Feldwege nach Regen oder bei Laufen oder Fahren über fremde Grundstücke musste er Anzeige erstatten. Außer den festgesetzten Besoldungen erhielten der Feldschütz und der Waldschütz noch Prämien für Anzeigen bei Forst- und Felddiebstählen. Sie betrugen 50 % der verhängten Strafen. Nach 1900 wurden die Ämter des Feld- und Waldschützen zusammengelegt. Heute gibt es keinen Feldschützen mehr. Der jetzige Waldschütz hat eine staatliche Schule besucht und ist geprüft; er führt den Titel Gemeindeforstwart. Seit dem Jahre 1957 ist Gemeindeforstwart Hermann Koch hier angestellt. Er hat neben der Gemeinde Weilen noch Schörzingen und Wilflingen forstlich zu betreuen.

Seit dem Bau der Dreschhalle im Jahre 1925 ist ein weiteres Gemeindeamt notwendig geworden, der Dresch- und Schrotmeister. Außer der Dreschmaschine gibt es hier eine Schrotmühle.

Zum Schluss dieses Kapitels soll noch das wichtigste Organ der Gemeinde gedacht werden: des Gemeinderats. Er ist das Parlament zur Verwaltung der Gemeinde. Die Projekte werden zuerst eingehend beraten und nach erfolgter Abstimmung bei Mehrheit, die in der Sitzung des Gemeinderats zusammenkommt, ausgeführt. Die Zahl der Gemeinderäte ist heute gesetzlich geregelt und richtet sich nach der Einwohnerzahl. Schon in den Jahren vor 900 betrug in Weilen die Zahl der Gemeinderäte 6. Während der Hitlerzeit wurde die Zahl auf 4 herabgesetzt. Nach dem Einmarsch der Besatzung wurde kein Gemeinderat mehr zugelassen; der Bürgermeister hatte alle Befehle allein auszuführen. Doch schon am 19. November 1945 wurde der Gemeinderat wieder eingeführt, und zwar mit 8 Mitgliedern. Heute sind es wieder 6 Gemeinderäte. Bis nach dem Ersten Weltkrieg gab es außer dem Gemeinderat noch einen Bürgerausschuß, der bei wichtigen Angelegenheiten mit beraten und beschließen half. Die Gemeinderäte bildeten zusammen mit dem Vogt zur Zeit der österreichischen Herrschaft das Gemeindgericht; sie wurden auch Richter genannt. Es gab hier bis 1806 nur 4 Richter.

4.4 Das Rathaus und die gemeindeeigenen Gebäude

Wenn man von der Kirche, dem Pfarrhaus und der Kapelle absieht, die im folgenden Teil beschrieben werden, so ist zunächst vor dem Jahre 1822 über Gemeindegebäude sehr wenig zu berichten. Es gab vor 1822 weder ein Rathaus noch eine Schule und auch keinen Farrenstall oder ein Gemeindehaus. Es waren lediglich 2 Waschhäusle da, von denen eines auf dem jetzigen Backhausplatz und das andere am jetzigen Schulhausplatz standen. Im Waschhäuschen am Schulhausplatz war ein Bürgerarrest eingebaut. Ein Backhaus war in der Gemeinde noch nicht vorhanden, da an jedem Haus ein eigenes angebaut war. Die Vorschriften der Württembergischen Brandversicherungsgesellschaft waren wegen der Feuersgefahr so streng, daß jede Gemeinde besondere Waschhäuser erbauen musste. Die große Wäsche durfte nur in solchen Häusern gewaschen werden, die so feuersicher gebaut waren, daß keine Brandgefahr bestand, und das traf nur ganz selten zu. Nur an bestimmten Tagen und Zeiten durfte gewaschen werden. Die Wäsche musste bei dem dazu bestimmten Gemeinderat angemeldet werden; dieser hatte auch die Aufsicht über den ganzen Waschbetrieb. Die Gemeinde erhob für die Überlassung der Waschräume eine Gebühr.

Da ein Schulbetrieb schon 1650 in Weilen nachweisbar ist, musste viele Jahrzehnte die Schulstube (Raum zur Abhaltung des Schulunterrichts) von der Gemeinde gepachtet werden. Es ist nachweisbar, daß das Geschlecht der Brosi-Weinmann den Schulmeisterposten über hundert Jahre versehen hatte; daher ist anzunehmen, daß in ihrem Haus, Gebäude Nr. 34, der Unterricht abgehalten wurde. In den Rechnungsbelegen der Gemeinderechnungen von 1809 bis 1822 ist jeweils der Ort der Schulstube angegeben. Bis 1812 befand sie sich im Gebäude Nr. 34 (Josef Dieringer), 1812 bis 1814 im Gebäude Nr. 35 (Christels Haus), später in den Gebäuden Nr. 52 (Oberdorf, jetzt abgebrochen), Nr. 10 in der Angelstraße und Nr. 28 in der Stellestraße (jetzt abgebrochen). Die Pacht für ein Jahr Schulstubenbenutzung betrug, soweit zu ersehen ist, immer 10 Gulden.

Im Jahre 1820 wurde dann das jetzige Rathaus, Gebäude Nr. 30, erbaut, und zwar unter dem letzten Vogt und ersten Schultheißen Josef Weinmann. Das ganze Haus, das als Lehrerwohnung, Schule und Rathaus geplant war, kostete nur 500 Gulden. Die Kosten waren deshalb so gering, weil sowohl Hans- wie Gespannfronen umsonst von der Bürgerschaft ausgeführt wurden. Wie schon erwähnt, mute das neue Schul- und Rathaus zugleich als Lehrerwohnung dienen. Die Lehrerwohnung befand sich im Erdgeschoß und bestand aus einer Stube, einer Kammer sowie einer kleinen Küche. Auch ein Viehstall und eine Scheuer waren im Erdgeschoß angebaut. Im ersten Stock befand sich der große Schulraum; heute ist in diesen 2 Räumen das Bürgermeisteramt eingerichtet. Im Dachstock war früher das Schultheißenamt untergebracht.

Da die Zahl der Einwohner und der Schüler rasch anstieg, reichte der Raum im Rathaus nicht mehr aus; wegen des starken Schülerandrangs mussten ordnungsgemäß 2 Abteilungen gebildet werden. Im Jahre 1843 wurde dann beschlossen, ein besonderes Schulhaus zu bauen. Der erste Plan befindet sich noch im hiesigen Rathaus. Danach sollte das Schulhaus nach folgender Einteilung 3stöckig werden: Im unteren Stock sollte der Farrenstall und der Stall für die Viehhaltung des Lehrers sowie ein Raum für die Feuerwehrgeräte eingebaut werden; im zweiten Stock sollten 2 Schulsäle sowie 2 Nebenräume eingerichtet werden; im dritten Stock war der Einbau von 2 Lehrerwohnungen vorgesehen. Außerdem sollte das Gebäude unterkellert und mit 2 Bühnenräumen ausgebaut werden. Da nun dieses Gebäude nach den damaligen Verhältnissen zu hoch geworden wäre und der Einbau der Stallungen vom Oberamt im unteren Stock als ungesund bezeichnet wurde, kam dieser Plan nicht zur Ausführung. Das Schulhaus wurde dann nach einem neuen Plan so ausgeführt, wie es heute steht. Die Bauarbeiten wurden öffentlich vergeben. Der Voranschlag der Bauarbeiten betrug 4 521 Gulden; die Bauunternehmer waren aber in ihren Angeboten viel niedriger, so daß die Arbeiten um 3 094 Gulden gemacht wurden, also fast um 1/3 niedriger als der Kostenvoranschlag des Architekten. Dieser Umstand beweist, daß zur damaligen Zeit die Arbeit und der Verdienst gesucht wurden, auch wenn der Verdienst gering war. Im folgenden werden die einzelnen Arbeiten und Unternehmer mit Angabe der Preise genannt.

ArbeitenAnschlagÜbernahmeUnternehmer
Grab- und Maurerarbeiten1 896 Gulden1 485 Gulden Andreas SengSchörzingen
Steinhauerarbeiten254 Gulden170 GuldenHeinrich JägerRosenfeld
Gipserarbeiten243 Gulden160 GuldenAugustin DachtlerDotternhausen
Zimmerarbeit en625 Gulden340 GuldenJohann-Georg SengWeilen
Schreinerarbeiten635 Gulden460 GuldenAndreas SteidleSpaichingen
Schlosserarbeiten319 Gulden 200 GuldenSchlossermeister SchillerSchömberg
Glaserarbeiten212 Gulden195 GuldenMatth. UttenweilerDotternhausen
Öfen und Herde89 Gulden84 GuldenMax KuhnRottweil

Nachdem das neue Schulhaus 1846 bezogen werden konnte, wurde das jetzige Rathaus umgebaut. Das Ratszimmer des Bürgermeisters wurde vom Dachstock in den ersten Stock verlegt; der Dachstock wurde zum Orts-arrest umgebaut; dieser Raum wurde in Jahre 1967 als Amtszimmer des Gemeindepflegers umgebaut. Im Erdgeschoß wurden die Wohnräume des Schullehrers zum Feuerwehrgeräteraum umgestaltet. Der Stall und die Küche des Lehrers wurden für die Farrenhaltung benützt, und die darüber liegenden Futterräume nördlich des Schiedgiebels wurden zu Futterlegen für die Farren benutzt. Für die Feuerwehrgeräte war früher immer ein Schopf gemietet worden, und die Farren waren zur Haltung an Landwirte vergeben worden.

Wann das Backhaus – Gebäude Nr.58 – von einem Waschhaus zum heutigen Backhaus umgebaut wurde, kann ich nicht genau feststellen, wahrscheinlich in den 80er oder 90er Jahren des letzten Jahrhunderts; ein neuer Ofen wurde 1921 und der heutige elektrische Backofen in den Jahren nach 1953 eingebaut.

Im Jahre 1925 wurde die Dreschhalle errichtet und eine Dreschmaschine gekauft. Wie schon früher berichtet, wurde am 19. Juli 1926 die Dreschhalle von einem Gewittersturm zerstört; der Wiederaufbau erfolgte sofort, so daß der Dreschbetrieb im Herbst 1926 wieder fortgesetzt werden konnte.

1941 wurde ein weiteres Gemeindehaus (Nr. 62) gekauft, und zwar zum Preis von 7500 Mar. Dieses wurde zum Farrenstall und Kindergarten sowie 2 Wohnungen umgebaut. Die Kinderschule wurde nach 5 Jahren wieder aufgehoben (vgl. Kapitel 4.8).

4.5 Was die Gemeindebürger an Bürgernutzen bezogen

Es gibt Staatsbürger und Gemeindebürger. Die Rechte werden durch Geburt und Einbürgerung erworben. In der Geschichte spielte der Gemeindebürger eine besondere Rolle. In den Familienregistern ist neben dem Beruf 8Bauer; Weber, Schmied, Schuhmacher, Maurer usw.) angegeben, ob einer Bürger war oder nicht.

Der Gemeindebürger hatte Anspruch auf den Bürgernutzen. Dieser war vor 1900 nicht unbedeutend. Außer dem Allmandanteil, welcher jedem Bürger unentgeltlich zustand, bekam jeder noch Brennholz aus der Gemeindewaldung. 1809 bis 1815 erhielt jeder Nutzungsbürger 2 bis 2 ½ Klafter Brennholz als Nutzung. Mit der Zunahme der Bürgerzahl wurde auch die Zuteilung der Holznutzung kleiner; sie wurde aber erst aufgehoben, als die Wasserleitung im Jahre 1900 erbaut wurde. Auch die unentgeltliche Zuteilung der Allmanden fiel 1900 weg, und es musste zuerst ein Pachtgeld von 6 Mark bezahlt werden; es erhöhte sich später auf 12 Mark.

Nach der früheren Satzung konnte man Nutzungsbürger nach folgenden Rechtsgrundlagen werden: Die Bürger, die durch Geburt Nutzungsbürger wurden, brauchten keine Einstandsgebühren zu bezahlen. Für die Bürger, die von auswärts zuzogen, wurden folgende Einkaufsbestimmungen festgelegt: Der Antragssteller musste mindestens 1 Jahr lang in der Gemeinde wohnhaft sein; er musste selbständig und verheiratet sein bzw. eine eigene Haushaltung haben; weiter musste er eigene Grundstücke haben und an die Gemeinde Grundsteuern bezahlen; er musste das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben. Der Gemeinderat hatte über das Gesuch des Antragsstellers zu entscheiden, und nach Befürwortung musste der Neubürger ein Einkaufsgeld in Höhe von 89 Mark entrichten. Der neue Bürger wurde öffentlich in Anwesenheit der Bürgerschaft vom Schultheißen durch Handschlag aufgenommen.

Da der Bürgernutzen früher durch die unentgeltliche Zuteilung der Allmand und einer unentgeltlichen Zuteilung von 2 ½ Klafter Brennholz sehr wertvoll war, wurde auch das Einkaufsgeld der Nutzungsbürger viel höher angesetzt. Vom Jahre 1809 bis 1822 betrug das Bürgereinkaufsgeld für einen Mann 110 Gulden, für eine Frau 30 Gulden und für ein Kind 25 Gulden. Diese Sätze waren dem damaligen Geldwert entsprechend sehr hoch. Vom Jahre 1822 bis 1842 betrugen die Sätze für einen Mann 100 Gulden, für eine weibliche Person 30 Gulden und für ein Kind 25 Gulden. Im Jahr 1842 sind folgende Sätze verzeichnet: ein Mann 48 Gulden, eine Frau 24 Gulden, ein Kind 12 Gulden. 1816 betrug die Zahl der selbständigen Nutzungsbürger nach dem Brandschadensregister 48; im Jahre 1849 wurden 83 selbständige Bürger in Weilen angegeben.

In den Gemeinderechnungen von 1816/17 wurde folgende Allmand-steuer von den Bürgern verlangt: 45 Kreuzer (1 Gulden hatte 60 Kreuzer). Pfarrer, Lehrer, Schultheiß und Hebamme mußten nur 10 Kreuzer Allmandsteuer bezahlen. Die Allmand wurde 1966 in größere Flächen zusammengelegt und auf 9 Jahre verpachtet. Schon Jahre vorher mußten größere Flächen, besonders Hanglagen aufgeforstet werden, da immer mehr Allmandnutzungen an die Gemeinde zurückgegeben wurden. Größere Grundstückflächen sind rentabler und besser mit den heutigen Maschinen zu bewirtschaften.

Die selbständigen Bürger waren früher zum Fronen verpflichtet, und zwar unentgeltlich; erst später wurde das Fronen bezahlt, dafür aber eine Fronsteuer auf die Bürger umgelegt.

4.6 Die Lehrer an der Volksschule von Weilen

Auf Grund von Eintragungen in Familienregistern der Pfarrei und sonstigen Schriftstücken ist es möglich, schon im Jahre 1650 das Vorhandensein einer Schule in Weilen festzustellen. Ein Johann Weinmann (Brosihans) stiftete für die Schule in Weilen einen Betrag von 50 Gulden, der für die damalige Zeit eine große Summe war. Der Spender und seine Ehefrau Katharina geborene Zürn (sie stammte aus Bubsheim) hatten keine Kinder. Es ist fast mit Bestimmtheit anzunehmen, daß Johann Weinmann und auch schon dessen Vater als Schullehrer in Weilen wirkten. Auf alle Fälle lag diesem Johann Weinmann viel an der Schule und an der Bildung der Kinder; sonst hätte er keine Spende für die Schule gemacht.

Ein Neffe von Johann Weinmann, der Zeugmacher und Weber Josef Weinmann wird auch als Schullehrer im Familienregister aufgeführt; dessen Sohn Fidelius Weinmann, geboren 1775, wird ebenfalls als Schullehrer erwähnt; er starb schon 1815, mit 40 Jahren. Fidelius Weinmann war ein sehr begabter und guter Lehrer; er gab auch an Präparandenschulen in Frühjahrs- und Herbstkursen Unterricht; nachweisbar hat er in Ebingen solche Kurse durchgeführt. Die Ausbildung der Lehrer erfolgte damals in den Präparandenschulen, besonders nach der Gründung des Königreiches Württemberg.

Der erste auswärts geborene und studierte Lehrer, der an unsere Schule versetzt wurde, war der Provisor Johannes Fuß; er war von 1814 bis 1815 hier. Nach ihm folgte Provisor Sieger bis Herbst 1815, dann zog Unterlehrer Amand Unger auf, dieser wurde 1817 als ständiger Lehrer hier eingesetzt; er heiratete 1819 die Bürgerstochter Magdalena Weinmann von hier. Lehrer Amand Unger kaufte sich 1832 als Nutzungsbürger ein und verblieb bis zu seinem Tod in Weilen. Als die Kirchenpflege Weilen am 15. Januar 1831 eine alte Orgel der Kirche in Erlaheim um 85 Gulden kaufte, musste Lehrer Unger noch das Orgelspiel mit 39 Jahren erlernen. Er hat den Organistendienst versehen bis zu seinem Tod 1841 und ist auf dem Friedhof neben Pfarrer Ambrosius Schöb begraben. Beide Gräber sind noch erhalten. Pfarrer Schöb und Lehrer Unger sollen nach dem Zeugnis alter Leute oft Meinungsverschiedenheiten gehabt haben, die aber nicht ernster Natur waren. Als Pfarrer Ambrosius Schöb auf dem Todesbett lag und Lehrer Unger ihn besuchte, soll der Pfarrer zu dem Lehrer gesagt haben: „Wir zwei haben ab und zu nicht die gleiche Meinung gehabt und haben uns oft wehgetan, ich sage dir aber, daß es nie bös gemeint war. Ich selber werde nur noch wenige Stunden zum Leben haben, und du wirst der nächste sein, der nach mir stirbt, und wir werden in Frieden nebeneinander ausruhen bis zur Auferstehung.“ Der erst 48 Jahre alte Lehrer Unger glaubte dem kranken Pfarrer die Prophezeiung nicht, aber schon nach 4 Wochen erlag er einem Blutsturz.

Lehrer Unger hatte eine schöne Schrift und erledigte damals dem Schultheißen viele schriftliche Arbeiten. Nach seinem Tod kam Provisor Gehring nach hier; er versah den Schuldienst bis Oktober 1842. Dann kam von Oberflacht Schullehrer Johann Nepomuk Rohrer, geboren 1787 in Kirchberg bei Biberach. Als die Gemeinde das Gesuch des Lehrers um Aufnahme als Nutzungsbürger (ohne jedes Einkaufsgeld) nicht genehmigte, verließ die Lehrersfamilie 1843 nach kaum halbjähriger Tätigkeit Weilen wieder.

Nach dem Wegzug von Lehrer Rohrer zog Lehrer Christian Rosenberger hier ein; er war 1807 in Zimmern ob Rottweil geboren. Rosenberger wohnte mit seiner Familie hier bis 1851; dann zog er nach Hausen ob Rottweil. Von allen Lehrern, die im letzten Jahrhundert in Weilen waren, hatte Rosenberger die schönste Handschrift; sie ist heute noch sehr gut leserlich. Er war auch derjenige Lehrer, der das Glück hatte, vom alten Schulhaus (Rathaus) in das neue Schulhaus im Herbst 1846 umziehen zu können.

Sein Nachfolger, der Verweser Fidelius Banholzer, war hier 13 Monate tätig. 1852 kam von Dondorf Lehrer Alois Belser, geboren 1818 in Aixheim. Danach folgte Pamphilius Kirchenmaier, geboren 1826 in Altmannshofen bei Leutkirch. 1866 wurde der Lehrer Kirchenmaier nach Germstrang bei Ehningen versetzt.

Von 1866 bis 1867 war Johann Linder Schulmeister in Weilen. 1867 zog er nach Weigheim, der Heimat seiner Frau, wo die Schulleiterstelle frei wurde. In Weilen wirkte dann von 1867 bis 1893 Hauptlehrer Gustav Sayle, geboren 1831 in Dätzingen. Lehrer Sayle kaufte sich als Nutzungsbürger hier ein und verheiratete sich 1868 mit der hiesigen Bürgerstochter Maria Anna Krachenfels. 2 Söhne ergriffen den Beruf des Vaters und wurden auch Lehrer; eine Tochter wurde Ordensfrau und starb 1933 in Kolbingen, Kreis Tuttlingen. Lehrer Sayle war der letzte Lehrer, der im Schulhaus noch Landwirtschaft betrieb. Er hatte in den Jahren von 1878 bis zu seinem Tod außer dem Kirchenchor den Männergesangsverein gegründet und geleitet. Es sind heute einige Notenschriften von ihm in der Kirch erhalten.

Nach dem Tod von Lehrer Sayle folgte Provisor Gustav Glatthar; Er war 1893 hier Lehrer. Dann kam Lehrer Andreas Hutt nach hier. Seine älteste Tochter Lina ging später ins Kloster und starb 1967 als Klosterfrau. Im Kirchenchor sowie als Organist und Chordirigent hat Lehrer Hutt sehr viel geleistet. Die blauen Notenhefte, welche heute noch benutzt werden, hat er geschrieben. Besonders in Fachzeichnen und Raumlehre gab er den Knaben der Oberklasse hervorragenden Unterricht. Es nahmen auch bald ältere Handwerker, nicht nur von Weilen, sondern auch von auswärts, von Schörzingen und Ratshausen, an diesem Unterricht teil. Von diesem Zeichenunterricht wurden einige ältere Teilnehmer angeregt, daß sie den Malerberuf und andere Handwerksberufe ergriffen, und sie wurden in den folgenden Fortbildungsschulen ob ihres Könnens gelobt. 1904 verzog die Lehrersfamilie Hutt nach Altshausen, wo Lehrer Hutt 1921 gestorben ist. Bis zur Neubesetzung der Schulstelle Weilen wirkte hier kurz Unterlehrer Patrick Schleicher. 1904 kam Balthasar Bieg hierher. Er ist 1878 in Hangendenbuch bei Abtsgmünd ge-boren. 1908 wurde Lehrer Bieg nach Rottumn bei Biberach versetzt. Nach seinem Wegzug kam Verweser Hugo Burger für kurze Zeit nach Weilen.

Von 1908 bis 1912 unterrichtete Franz Xaver Ammann hier. Er ist 1868 in Schnürpflingen bei Laupheim geboren. 1912 zog er nach Dautmergen, der Heimat seiner Frau. Lehrer Ammann war ein großer Bienenzüchter, er hielt zeitweise über 60 Bienenvölker in 2 Ständen hinter dem Schulhaus. Ein Riese von Gestalt, maß er über 1,90 m. Trotz seiner großen und kräftigen Gestalt wurde er nicht alt; er starb in Dautmergen 1933 mit 55 Jahren. Schon 1911 war Lehrer Ammann einige Monate krank gewesen; während dieser Zeit vertrat ihn Johann Schmid von Winzeln in der Schule.

Nach dem Wegzug von Lehrer Ammann folgte Hauptlehrer Richard Pfletschinger. Er war 1889 geboren, war ledig und hatte die Schulstelle Weilen bis 1919 inne. Als Reservist musste er im August 1914 in den Krieg ziehen und verlor 1917 einen Fuß durch einen Granatsplitter. 1919 wurde er in die Gegend bei Gmünd versetzt. Während des Ersten Weltkrieges (1914 bis 1918) wirkten hier Otto Dürr (Lehrer in Schömberg) und Walter von Balingen (guter Organist und Musiker); Lehrer Walter hatte bei einem Fliegerangriff einen Fuß verloren.

Nach dem Abzug von Lehrer Pfletschinger wurde die Schulstelle Weilen zunächst von Alfons Schelkle versehen; er wirkte später einige Jahre als Schulleiter in Schörzingen. 1919wurde sie Schulstelle Weilen dem Hauptlehrer Josef Lang verliehen; er war 1895 in Höchstberg geboren. Er und seine Familie zeichneten sich durch ihr christliches Leben aus. Besonders viel hat Hauptlehrer Lang als Organist und Chordirigent geleistet.1938 zog die Lehrersfamilie nach Ulm a. D. Sie kam aber jedes Jahr in den Ferien einige Wochen hierher. Lang sagte selber, daß er Weilen, wo er 20 Jahre wirkte, als seine Heimat betrachte. Nach dem Krieg, 1946, wurde er zum Schulrat des Kreises Ulm befördert. Im Jahre 1957 starb er in Ulm.
Nach dem Abzug der Lehrersfamilie Lang kam der Verweser Otto Dürr hierher als Lehrer. Ihn hätten die Weilener so gerne behalten, denn er war ein sehr guter Lehrer, ein guter Organist und ein echter Katholik. Aber gerade deswegen machte er sich bei der damaligen Hitler-Regierung und deren Schulrat unbeliebt; so wurde er nach Bühlerzell versetzt.

1939 wurde die Schulstelle Weilen dem Hauptlehrer Albert Rohr übertragen. Er wurde 1905 in Oberndorf geboren. Sein 1937 geborener Sohn Albert wurde Priester und hat auch in Weilen nach seiner Primiz eine Heilige Messe gelesen. Hauptlehrer Albert Rohr ist 1941 in Rußland gefallen.

1942 wurde die Schulstelle Weilen dem Hauptlehrer Ernst Ehrmann zugeteilt; er stand damals noch im Feld. Als im August 1945 Lehrer Ehrmann aus englischer Gefangenschaft kam, konnte ein Schulunterricht noch nicht gehalten werden. In den Schulräumen waren nämlich seit 20. Oktober 1944 über 50 estländische Staatsangehörige – Männer, Frauen und Kinder – untergebracht; sie waren bei den Ölschieferwerken in Schömberg und Umgebung beschäftigt. Die Schulräume hatte die Kreisleitung über das Landratsamt einfach beschlagnahmt. Die Gemeinde musste dann im Gasthaus zum Waldhorn einen geeigneten Raum mieten. 1945 brachten die Franzosen in 2 Omnibussen 72 Polen, welche in der Gemeinde sofort untergebracht werden mußten. Die Polen warfen die Estländer aus den Schulräumen und zogen selbst dort ein. Als endlich die Polen am 20. Oktober 1945 auszogen, mußten die Schulräume, die von Wanzen und Ungeziefer wimmelten, von einem Ebinger Chemiker gereinigt und desinfiziert werden; erst danach konnten die Schulräume neu gestrichen und tapeziert werden; der Schulbetrieb konnte im November 1945 wieder aufgenommen werden, und zwar von Lehrer Ehrmann. Er zog 1947 wieder von hier weg nach Talheim bei Tuttlingen.

Während des Krieges von 1939 bis 1945 waren verschiedene Lehrer und Lehrerinnen hier tätig; 1939 Fräulein Bürk, 1940 Lehrer Schick, Lehrer Merz und besonders Fräulein Rott, eine geborene Sudetendeutsche, die in Weilen sehr beliebt war. Fräulein Rott war später in Schörzingen Lehrerin. Im Herbst 1940 kam Karl Münz als Lehrkraft nach Weilen, aber im folgenden Jahr wurde er zur Wehrmacht einberufen und fiel 1943 in Rußland als Leutnant und Kompanieführer. Nach Lehrer Münz kam die Lehrerin Luzia Becker von Stuttgart-Gablenberg hierher. Sie unterrichtete hier bis 20. April 1945. Von Dezember 1945 bis Frühjahr 1947 war Schulhelfer Karl Sauter von Ratshausen hier tätig.

Nun war es höchst Zeit, daß für die Weilener Schule wieder ein ständiger und tüchtiger Lehrer eingesetzt wurde, und dies geschah durch die Ernennung von Hauptlehrer Heinrich Dreher, geboren 1904 in Hausen. 1957 wurde er zum Oberlehrer ernannt. Er war einer der besten und tüchtigsten Lehrer, die Weilen jemals hatte. Leider ist er nach Schömberg abgezogen.

Auf Oberlehrer Dreher folgte Hauptlehrer Gerold Ruggaber, ein Lehrerssohn aus Rottenburg. Er ist 1934 in Aßmannshard geboren. Seit 1965 hat Weilen eine zweite Schulstelle, da die große Schülerzahl dies erfordert. Die jetzige zweite Lehrkraft ist Fräulein Adelheid Bucher von Lauffen bei Rottweil. Der Handarbeitsunterricht wird im Gemeindhaus Nr. 62 gegeben.

4.7 Unterricht in der Volksschule früher und heute

Im allgemeinen wurde in allen Dörfern zur Zeit der österreichischen und württembergischen Herrschaft der Schulmeister auf folgende Art ernannt: Vielfach trat das verwandtschaftliche oder freundschaftliche Verhältnis zum Gemeindevogt und zu den Gemeinderichtern in den Vordergrund; man schaute aber auch auf die Eignung des Lehrers. Wer die meisten Gönner im Gemeinderat hatte, bekam die Lehrstelle und hatte für geringes Einkommen – den sogenannten Schulsechser und Naturalien – den ehrenvollen Auftrag, den Kindern seine Kenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen zu übermitteln. Im Vertrag hieß es: „Der Schulmeister soll die Schule selber halten, und nicht die großen Schulerbuben.“ Vor einer Bewerbung soll ein Bauer einmal selbst berechtigte Bedenken und Zweifel darüber gehabt haben, ob er auch das Talent zum Schulmeister besitze; seine bessere Ehehälfte habe ihm dann über das Zaudern hinweggeholfen mit den Worten: „Die großen Buben werden es schon recht machen.“ Nach dem Volksschulgesetz vom Jahre 1836 war jedes Kind vom 7. bis zum 14. Lebensjahr verpflichtet, die Volksschule zu besuchen. Vorher waren nur die Knaben zum Schulbesuch verpflichtet; den Mädchen war es freigestellt, am Schulunterricht teilzunehmen. Auch die Knaben waren nur zur Winterszeit – von Allerseelen bis Georgi (23. April), vielerorts auch von Martini bis Georgi – zum Schulbesuch verpflichtet. Ein Lehrer durfte höchstens 90 Kinder unterrichten.

Wie schon erwähnt, hatten die kleineren Gemeinden keine Schulhäuser, es wurde eine Schulstube gemietet; dabei wurde weniger auf die Zweckmäßigkeit des Raumes als auf eine niedere Miete gesehen. Da Gemeinde und Eltern für die Besoldung der Lehrer aufzukommen hatten, wurde in erster Linie auf Billigkeit der Schulstelle gesehen; die Eignung der Schulräume und der Lehrer war Nebensache. Die Schulmeister wurden in Weilen immer als sehr gut bezeichnet, was öfters berichtet wird.

Neben der Besoldung und Naturalien überließ die Gemeinde dem Lehrer noch Grundstücke. Das eigentliche Lehrergut auf dem unteren Wasen (etwa 2 Morgen) sowie eine Allmand wurde den Lehrern erst später als Besoldung von der Gemeinde gegeben, da sämtliche Lehrer bis zum Tod des Hauptlehrers Gustav Sayle (1893) eine eigene Landwirtschaft betrieben. Es dürfte interessieren, wie hoch das Schulgeld und die Besoldung der Lehrer in den früheren Jahren waren. Der Schulmeister hatte im Jahre 1809 von der Gemeinde einen Jahreslohn von 8 Gulden sowie einige Grundstücke; von den Eltern der Schüler bekam er den Schulsechser. Im Jahre 1816/1817 bezog der Lehrer bereits eine Jahresvergütung von 100 Gulden, 1838 = 216 Gulden, 1859 = 300 Gulden, 1865 = 400 Gulden, 1872 = 480 Gulden, 1904 = 1 210 Mark, 1908 = 1 270 Mark, 1914 = 1 600 Mark. Von 1809 bis 1816 musste jeder Bürger zu Besoldung des Lehrers und zur Unterhaltung der Schule 44 Kreuzer in die Gemeindekasse bezahlen; außerdem musste jeder Schüler jährlich 20 Kreuzer Schulgeld entrichten. Im Jahre 1838 belief es sich auf 72 Kreuzer. Die Schüler des ersten Schuljahres waren von dieser Abgabe befreit. Für die armen Kinder musste die Gemeinde das Schulgeld selbst entrichten. Bis 1909 wurden dann die Lehrer ganz von der Gemeinde bezahlt und besoldet.

Die Aufsicht über die Schulen hatte in österreichischen Zeiten der Vogt und dann der Ortsgeistliche. Es gab keinen Schulrat, sondern einen Schulinspektor.

Zum Lehrerdienst gehörte früher auch der Mesner- sowie der Organistendienst. Der Mesnerdienst des Lehrers ist in Weilen schon in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts nach dem Tod von Lehrer Sayle weggefallen. Seit dem Jahre 1919 sind die Lehrer auch vom Organistendienst befreit. Die Lehrervereinigung hatte jahrelang um die Befreiung von Mesner- und Organistendienst gekämpft. Der Organistendienst wird aber heute noch in einigen Orten von Lehrern mit Idealismus und Musikliebe ausgeführt. Das Mesner- und Organistengehalt musste von der Kirchenpflege an den Lehrer bezahlt werden. So erzielte der Lehrer im Jahre 1852/53 von der Kirchenpflege folgende Bezüge: Fruchtbesoldung in Natur = 4 Säcke Dinkel oder Korn zu 4 Gulden = 16 Gulden,1 Sack Hafer im Wert von ebenfalls 4 Gulden; das Mesnergehalt in bar betrug 18 Gulden und das Organistengehalt 11 Gulden sowie einige kleinere Beträge für Jahrtage usw. Der gesamte Besoldungsbetrag wurde mit etwa 51 Gulden veranschlagt.

Der Lehrer hatte auch beim Vogt oder Schultheißen mit Schreibarbeiten auszuhelfen, wie zum Beispiel die Lehrer Christian Rosenberger und Amand Unger.

Wie sah es nun in einer Dorfschule ums Jahr 1800 und noch später aus? Die Buben kamen meist nur ungern zur Schule. Auch in der Reinlichkeit wurde es früher nicht so genau genommen. Die Kleider und Schuhe, besonders der ärmeren Kinder, wiesen große Mängel auf. Im Sommer trugen die Kinder nur ganz vereinzelt Schuhe; sie liefen meist barfuss. Als Taschentuch wurde der Ärmel benutzt. Die Buben saßen im Kreis auf dem Boden der gemieteten Bauernstube oder Werkstatt eines Handwerkers; letzterer arbeitete nach Beendigung der Schule wieder darin. 1816 wurde auf Gemeindekosten 2 Alphabettafelen und eine große Schultafel zu einem Preis von 4 Gulden angeschafft. Der Lehrer saß inmitten seiner Schüler auf einem Stuhl und bemühte sich, seinen Schülern die Kunst des Rechnens, Lesens und Schreibens beizubringen. Ganz schwierig war früher das rechnen mit altem Maß, Gewicht und Geld. 1 Gulden hatte zum Beispiel nicht 100 Kreuzer, sondern 60. Auch mit Elle, Zoll, Schuh und Ruten war es ähnlich. Später saßen die Schüler auf gewöhnlichen Bänken und hatten vor sich Tafeln und Bücher auf dem Tisch liegen. Wenn im Sommer während der Ferien wegen schlechten Wetters nich auf den Feldern gearbeitet werden konnte, ging der Lehrer in die Kirche und läutete mit der kleinen Glocke; dieses war das Zeichen für die Schüler, daß sie zur Schule kommen mußten. Es wurde auch darauf gesehen, daß die Schüler vor Beginn der Schule die Heilige Messe besuchten; die Zeit wurde zum Schulbesuch gerechnet.

Zur Beschaffung von Lehrbüchern, Schreibheften und sonstigem Schulbedarf wurde ein Schulfond gegründet. Er wurde von Privatleuten gegründet und gestiftet; von den Zinsen wurde der Schulbedarf, Bücher u. dgl., gekauft. Jeder Schüler, der in das vierte Schuljahr kam, erhielt aus den Zinsen dieses Fonds ein Gesang- und Andachtsbuch. Die Stiftungen waren mitunter beträchtlich; so stiftete 1812 der Schmied Sebastian Koch 400 Gulden in den Schulfond. Von 2 ledigen Schwestern wurde der sogenannte Weckenjahrtag gestiftet; jedes Schulkind das beim Jahrtag in der Kirche anwesend war, erhielt einen Wecken. Die Inflation nach dem ersten Weltkrieg hat sowohl den Schulfond wie auch die Jahrtagsstiftung aufgezehrt.

Im Jahre 1845 betrug die Schülerzahl von 7 Volksschuljahrgängen 82, sowie 36 Sonntagsschüler. Die Sonntagsschüler mußten vom14. bis 16. Lebensjahr jeden Sonntagmittag von 12.30 bis 13.30 Uhr in die Sonntagsschule und anschließend in die Christenlehre; letzteres zuerst 7 Jahre und später bis zum 18. Lebensjahr. Heute besuchen die Weilener Volksschule zwischen 70 und 80 Kinder in zusammen 8 Klassen.

Die frühere Sonntagsschule ist schon seit dem Jahre 1910 aufgehoben. Die entlassenen Volksschüler müssen in die Fortbildungsschulen, meistens in die Berufsschule oder die Mädchen auch in die Hauswirtschaftsschule. Seit zwei Jahrhunderten hat sich das Schulwesen grundlegend geändert. Neuerdings gehen von hier 10 Schüler in höhere Schulen, davon 5 nach Schömberg in die neu errichtete Realschule und 5 weitere nach Balingen in Oberschulen.

Seit einigen Jahren wird in den Räumen der Kinderschule Handarbeitsunterricht gegeben. Das neunte Schuljahr muß in Schömberg die dortige Schulklasse besuchen; denn gerade diese Klasse wird dort von Fachlehrern unterrichtet.

Seit es Lernmittelfreiheit gibt, hat die Gemeinde für die Schulbücher zu sorgen; aber auch den Eltern verbleiben noch viele Ausgaben für Schulhefte, Zeichenblocks usw. Die Zeit der Schiefertafeln ist vorbei.

4.8 Nur kurze Zeit gab es eine Kinderschule

Außer der Volksschule bestand 6 Jahre lang – vom 1. Oktober 1941 bis Frühjahr 1946 – eine Kleinkinderschule. Auf Anregung von Bürgermeister Kiener von Schömberg wurde im Sommer 1941 im Gemeindehaus Gebäude Nr.62 ein NSV-Kindergarten eingerichtet. Als Lehrerinnen wirkten bis April 1945 die NSV-Schwestern Martha Fischer, Irmgard Brunner und zuletzt Rosa Link von Tailfingen.

Im Sommer 1945 wurde dann der Kindergarten von den hier seit 1944 weilenden Barmherzigen Schwestern (Franziskanerinnen) als Kleinkinderschule übernommen. Als die Schwestern 1946 in ihr Kloster zurückberufen wurden, übernahm die Caritasschwester Edith Schieffer die Kinderschule. Sie war hier von 1945 bis 1946 als Kinderschwester tätig.

Da die Geldmittel zur Unterhaltung des Kindergartens fehlten, musste die Kinderschule geschlossen werden. Sie hätte wenigstens bis zur Währungsreform im Juni 1948 bestehen können, wenn die Gemeinde mit einigen Geldmitteln geholfen hätte. Dieses Geld wäre nicht wie die 77 000 Reichsmark in der Währungsreform verlorengegangen , von denen kein Pfennig aufgewertet wurde. Die Kinderschule war von 25 bis 30 Kindern besucht worden. Wenn auch die Zahl der Kinder etwas klein war, so wurde erst nach der Aufhebung des Kindergartens gewertet, welch eine Erleichterung die Mütter hatten; zudem wurden die Kinder für die Volksschule vorgebildet. Die Einrichtung der Kinderschule, die zum größten Teil von der Gemeinde beschafft wurde, wird auf dem Dachboden des Rathauses aufbewahrt.

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