6. Bevölkerung

6.1 Geschichte der alten Familien von Weilen

Von den im Jahre 1394 in Weilen aufgeführten Familien ist heute nur noch das Geschlecht der Seifriz hier wohnhaft. Diesen Namen trugen 1968 noch 11 Familien. Auch Anno 1516 ist ein Konrad Seifriz genannt, und zwar bei der Belehnung eines Ackers. Weiter ist in den Lehensbüchern von 1615 der Name Seifriz noch 2mal aufgeführt. Bei der Erneuerung der Gefälle und Verbindlichkeiten Anno 1582 war Hans Seifriz Vogt (Ortsvorsteher); desgleichen nennt das Musterungsregister von 1615 diesen Vogt Hans Seifriz; er war damals 80 Jahre alt. Weiter ist Anno 1615 ein Junghans Seifriz aufgeführt als Richter (Gemeinderat). Alle Seifriz in Schörzingen und Schömberg stammen von Weilen.

Das Geschlecht der Weinmann ist erstmals 1516 in Weilen genannt; Hans Weinmann wurde damals mit Gütern zu Weyler belehnt. Anno 1533 wurde er mit Wiesen zu Hermannshefte (Manngut) belehnt. 1615 erschienen im Musterungsregister 2 verschiedene Weinmann: Brosi Weinmann, 80 Jahre alt, und Hans Weinmann, 73 Jahre alt. Ob Brosi Weinmann und Hans Weinmann Brüder waren, kann nicht festgestellt werden. Ein Moritz Weinmann, der 1707 in Delkhofen geboren war heiratete 1736 nach Weilen, und zwar Anna Maria Seifriz, die Witwe des Felix Seifriz; von diesem Moritz Weinmann stammen die meisten Weinmann unserer Zeit ab. Das Geschlecht der Weinmann war 1968 mit 14 Familien hier vertreten.
Bei der Erneuerung der Grafschaft Hohenberg Anno 1578 stehen im Lagerbuch von 1582 auch die Namen von Richtern (Gemeinderäten): Ambrosi Weinmann (bereits genannt), Jung Hansen Seifrids (gleichfalls schon genannt) und Konrad Witz. Dieser wird später nicht mehr aufgeführt. Im Musterungsregister von 1615 erscheint ein Konrad Witz; er war damals 35 Jahre alt und ist wahrscheinlich ein Sohn des Richters Konrad Witz von 1582. Außer diesen beiden Namensträgern Witz sind noch im Musterungsregister ein Hans Witz, 1575 geboren, und ein Jörg Witz, 1585 geboren, sowie der Mesner Hans Witz, 35 Jahre alt mit einem Barvermögen von 100 Gulden angegeben. Bei der Musterung von 1615 erscheinen 4 Namensträger der Witz aufgeführt.; somit waren sie damals das stärkste Geschlecht. Die Witz sind hier 1903 ausgestorben. Der Schreiber dieses Buches hat die letzte Namensträgerin Rosa Witz noch gekannt. Sie war 1845 als Tochter des Matthäus Witz, Weber, und seiner Ehefrau Agatha Sauter in Weilen geboren. Rosa Witz war das jüngste von 7 Kindern. Ein Xaver Witz, 1788 hier geboren, ist Anno 1812 in Russland gefallen.

Unter den Steuerpflichtigen von 1394 sind auch 4 Träger des Geschlechtes Fry aufgezeichnet: Haintz der Fry, Bürkli Fry, Contz der Fry und Aelli Fryli. Anno 1615 ist im Musterungsregister nur noch ein Peter Früe (Frey) aufgezeichnet mit der Bemerkung „armer Taglöhner“. Also ist auch dieses Geschlecht hier ausgestorben.

In der Urkunde von 1582 hat unter anderen Richtern auch ein
Matheis Treer (Dreher) unterzeichnet. Dieser Name ist zwar in den späteren Jahrhunderten noch 5mal bei Familien aufgeführt, sie waren von Hausen am Tann oder von Ratshausen nach Weilen zugezogen und sind durch Auswanderung und Wegzug wieder verschwunden.

Das Geschlecht der Suntheimer ist nach 1582 hier nicht mehr aufgeführt.

Im Musterungsregister von 1615 ist unter anderen 13 Männern auch ein Hans Koch, 40 Jahre alt, Bauer, 1575 geboren, aufgeführt. Er hatte 1 000 Gulden Barvermögen, 4 geringe Pferde und trieb starken Feldbau. Das Geschlecht der Koch hat sich gut gehalten und ist heute, im Jahre 1968 mit 15 Familien vertreten.
Das Geschlecht der Krachenfels taucht in Weilen im Musterungsregister des Jahres 1615 auf: „Peter Krachenfels, 50 Jahre alt, besitzt 700 Gulden Barvermögen, 4 Pferde, hat aber schlechtes Ackerfeld; als Waffe besitzt er eine Muskete und wird als Musketier eingeteilt.“ Das Geschlecht der Krachenfels ist in den letzten 70 Jahren stark zurückgegangen und existierte 1968 nur noch mit 2 Familien.

Auch das Geschlecht der Riedlinger kommt im Musterungsregister von 1615 vor: „Hans Riedlinger, Bauer, 50 Jahre alt, Barvermögen von 1 000 Gulden, 5 Pferde.“ Er hatte einen Sohn – Hans Riedlinger, welcher noch minderjährig und ohne Waffen war. Der Name Riedlinger ist 1911 hier ausgestorben. Johann Riedlinger, der Schäfer-Johann genannt, war der Letzte. Er hatte 4 Kinder, die aber alle auswärts heirateten, und zwar ein Sohn und eine Tochter nach Villingen, eine Tochter nach Zürich (Schweiz) und die jüngste Tochter Katharina nach Kolmar im Elsass.

Das Geschlecht der Seng stammt von Schörzingen und ist dort noch heute vertreten; in Weilen konnte es sich fast 200 Jahre behaupten. Ein Matthäus Seng, 1729 in Schörzingen geboren, verheiratete sich 1750 mit Maria Seifriz von Weilen, und zwar das Haus Nr. 48 hinter dem Backhaus. 1919 starb hier die Letzte aus diesem Geschlecht – Frau Genoveva Seifriz geborene Seng, Ehefrau von Karl Ludwig Seifriz, Schneider hier.

Das Geschlecht der Dieringer stammt aus dem Kreis Tuttlingen. Ein Josef Dieringer, von Beruf Salpeterer (Salpetersammler), der 1780 in Gunningen geboren wurde, heiratete in Weilen 1812 Agatha Seifriz, Tochter des Wagners Josef Seifriz und seiner Frau Elisabeth geborene Seng, und in das Haus Nr. 41 an der Hauptstraße/Bohlgasse. Das Geschlecht der Dieringer ist bereits im 16. Jahrhundert in dieser Gegend aufgeführt, u. a. auch in Dürrwangen. Die Salpetersieder waren beruflich vom Staat zur Pulvergewinnung angestellt. Sie mussten in den Ställen nach Salpeter graben. Jeder Gebäudebesitzer war verpflichtet, alle 3 Jahre in seinem Haus nach Salpeter suchen zu lassen. Das Geschlecht der Dieringer hat hier nur noch 2 männliche Namensträger, die schon 68 und 77 Jahre alt sind; daher ist anzunehmen, daß auch dieses Geschlecht in absehbarer Zeit aussterben wird.

Das Geschlecht der Burry stammt von Frittlingen im Kreis Tuttlingen. Der Weber Johann Burry, geboren 1800 in Frittlingen, verheiratete sich 1829 nach Weilen mit Genoveva geborene Weinmann. Dieser Ehe entsprossen 8 Kinder. Das Geschlecht der Burry ist heute noch in 2 Familien hier vertreten.

Das Geschlecht der Blepp begründete der 1667 in Ratshausen geborene Johann Blepp. Er heiratete 1691 in Weilen Maria Seifriz, Tochter des Jakob Seifriz und seiner Ehefrau Anna geborene Seiser. Das Geschlecht der Blepp hat sich hier bis heute gehalten. Aus diesem Geschlecht stammt der weithin bekannte und berühmte Kunstmaler August Blepp, welcher von seiner Heimatgemeinde Weilen zum Ehrenbürger ernannt wurde. August Blepp hat sich durch die Ausmalung vieler Kirchen bleibenden Ruhm erworben (siehe Kapitel 6.4).

Die anderen Geschlechter hier in Weilen sind zum Teil erst im 19. und 20. Jahrhundert zugezogen; es würde zu weit führen, wenn ich diese alle einzeln aufzählen würde.

6.2 Weilener Auswanderer in Ungarn und Amerika

Schon wiederholt ist in diesem Buch darauf hingewiesen worden, daß die heimatliche Scholle der kleinen Markung Weilen nicht alle Menschen ernähren konnte. Aus diesem Grunde waren viele gezwungen, ihren Lebensunterhalt und ihre Existenzgrundlage außerhalb der Heimat zu suchen und in die Fremde zu ziehen. Die erste größere Auswanderung erfolgte nach Ungarn. Die Kaiserin Maria Theresia von Österreich, damals auch unsere Landesmutter, besiedelte ihre östlichen Gebiete, wie Banat und Teile von Niederösterreich und Ungarn, mit Untertanen aus unserem Gebieten. Die erste größere Auswanderung erfolgte nach Ungarn von etwa 1730 bis fast um 1800. Die Orte in Ungarn und in Niederösterreich, wohin die meisten Weilener Auswanderer gingen, waren Weißenkirchen, Fünfkirchen, Apathin und Taberwasen.
Etwa 60 Personen sind nach Ungarn ausgewandert:

Matthias Riedlinger, geboren 1687, verheiratet 1715 mit Ursula Weinmann von Weilen. Beide sind mit ihren 8 Kindern nach Ungarn ausgewandert.

Basilius Krachenfels, geboren 1709, verheiratet 1735 mit Maria Staiger aus Ratshausen. Beide sind mit ihren 4 Kindern um 1745 nach Ungarn ausgewandert.

Christian Seifriz, geboren 1708, verheiratet 1737 mit Rosina Klenk von Deilingen. Dieser Familie sind 12 Kinder geboren worden, von denen eines nachweisbar wieder gestorben ist. Auch diese Familie ist nach Ungarn im Jahre 1760 ausgewandert.

Adam Weinmann, geboren 1709, verheiratet 1737 mit Salome Kuolt von Bubsheim. Diesen beiden Eheleuten wurden in Weilen 2 Kinder geboren, mit denen sie nach Ungarn ausgewandert sind.

Wilhelm Seifriz, geboren 1718, verheiratet 1749 mit Theresia Alber von Gosheim, welche hier in Weilen 1760 gestorben ist.

Witwer Wilhelm Seifriz ging mit seine 5 Kindern nach Ungarn.

Josef Weinmann, geboren 1747, verheiratet 1781 mit Kunigunde Leipold aus Schörzingen. Diese Familie ist mit ihren beiden hier geborenen Kindern ebenfalls nach Ungarn ausgewandert.

Anton Koch von Nordstetten, verheiratet mit Elisabeth ..... aus Weilen, 1779 nach Taberwasen in Ungarn ausgewandert.

Kaspar Krachenfels, geboren 1733, ledig, ist mit einem Transport nach Ungarn ausgewandert.

Theresia Riedlinger, geboren 1707, verheiratet 1733 mit Heinrich Scheerer aus Dormettingen, nach der Hochzeit nach Ungarn.

Anastasia Seifriz, geboren 1798 in Weilen, verheiratete sich 1733 mit dem Witwer Lorenz Landhold aus Gosheim und wanderte mit ihm nach Ungarn aus.

Franziska Seifriz, geboren 1718, verheiratet mit Lorenz Alber aus Gosheim, ging mit ihm nach Apathin in Ungarn.

Sofie Seifriz, geboren 1726, verheiratet 1755 mit Josef Schuler  von Gosheim, zog nach der Hochzeit mit demselben nach Ungarn. (Die 4 zuletzt genannten Personen: Anastasia, Leo, Franziska und Sofie Seifriz waren leibliche Geschwister.)

Andreas Seifriz, geboren 1753, ging nach Ungarn.

Ursula Weinmann, ledig, geboren 1695, ging ebenfalls nach Ungarn.

Johannes Weinmann, geboren 1722, ledig, ging nach Ungarn.

Anna Weinmann, geboren 1735, ledig, ging nach Ungarn.

Bernhard Witz, geboren 1800, ledig, ging nach Ungarn.

Josef Witz, geboren 1803, ledig, ging nach Ungarn.

Die zweite Auswanderung führte nach Amerika, in der Hauptsache nach den vereinigten Staaten. Besonders stark war die Auswanderung in den schlechten Jahren von 1850 bis 1860, zum Teil schon etwas früher. Insgesamt wanderten etwa 85 – 90 Personen in die Vereinigten Staaten nach Nordamerika aus.

Um 1890 und später gingen auch viele, besonders Bauhandwerker, in die Schweiz und nach Frankreich zur Arbeit; sie kehrten dann im Herbst nach Beendigung der Bausaison in ihre Heimat zurück. Im Frühjahr ging die Reise wieder zu den dortigen Arbeitsstätten, und zwar zu Fuß. Die Städte der Schweiz, wo um 1890 Weilener, meist als Maurer und Weißputzer (Gipser) arbeiteten, waren Winterthur, Zürich und Neuchâtel. In Frankreich war es besonders der nördliche Teil. Auch in der Gegend um Genf und im Elsassfanden Weilener Arbeit; damals war letzteres ja deutsches Land.

Anfang des 20. Jahrhunderts gingen die Bauhandwerker gern in die badischen Städte wie Freiburg im Breisgau, Villingen, dann auch nach Schwenningen und anderen Städten. Der Schreiber dieses Buches kann sich noch gut erinnern, daß 1911 an einem Maisonntag bei einem Besuch von Leopold Weinmann (damals Besitzer der Hirschhalde in Bad Dürrheim) 15 Weilener dabei waren, welche alle in Villingen und Schwenningen in Arbeit standen; 3 davon waren in Villingen und Schwenningen verheiratet. Besonders viele Weilener verheirateten sich nach Freiburg. In vielen Städten von Baden und Württemberg konnte man Bürger von Weilen finden, die zum Teil noch heute dort sind.

6.3 Zehn katholische Geistliche aus einem Dorf

Aus Weilen stammen die Eltern einiger Priester. Der Sohn des Ziegelbacher Lehrers Josef Seifriz, hier 1791 geboren, und seiner Frau Theresia geborene Sauter ist der Domkapitular Johann Georg Seifriz. Er kam 1856 auf die Welt. 1881 empfing er die Priesterweihe. Er war Stadtpfarrer in Heiden-heim und später in St. Elisabeth in Stuttgart. 1913 wurde er Dompfarrer und Domkapitular in Rottenburg. Johann Georg Seifriz starb 1916. Seine Eltern hatten im Haus Nr. 21 gewohnt.

Auch die Mutter eines anderen Domkapitulars stammte aus Weilen, Cordula Dannecker geborene Blepp. Sie hatte den Mimmenhausener Lehrer Dannecker geheiratet, der aus Ratshausen stammte. Ihr Sohn, Augustin Dannecker war Domkapitular von 1913 bis 1938. Er starb 1941 in Untermarchtal.

Dr. theol. Wilhelm Koch wurde 1874 in Ludwigsburg als Sohn des Beamten Dominikus Koch und seiner Frau Wilhelmine geborene Koch, beide von Weilen, geboren. Die Eltern wurden in Weilen in einem Familiengrab begraben. Wilhelm Koch empfing die Priesterweihe 1898 in Rottenburg. 1905 wurde er als außerordentlicher Professor der Dogmatik an die Universität Tübingen berufen. Im Jahre 1919 wurde er Stadtpfarrer in Binsdorf, später in Waiblingen, 1933 in Tettnang und 1938 Dekan in Tettnang. Dr. theol. Wilhelm Koch ist in Tettnang gestorben, wo er auch begraben wurde.

Nun sind 7 Geistliche aufzuführen, die in unserem Ort geboren sind und aufwuchsen. Pfarrer Josef Krachenfels, geboren 1747 in Weilen als Sohn des Leonhard Krachenfels und seiner Frau Maria Anna geborene Seifriz, war zuerst Kaplan in seinem Heimatort bis zum Jahre 1815. Dann erhielt er die Pfarrstelle in Altoberndorf bei Oberndorf, er starb 1852 als Pensionär in Rottweil.

Pfarrer Michael Koch, wurde 1766 als Sohn des Schreiners und Landwirts Simon Koch und seiner Frau Agatha geborene Albrecht, die von Wehingen stammte, geboren. Er war Pfarrer in Grüningen, wie im Familienregister steht. Sein Todestag ist nicht angegeben.

Auch sein Bruder, Matthäus Koch, geboren 1771, wurde Geistlicher. Im Familienregister steht, daß Matthäus Koch als Kaplan in Greidorf 1809 gestorben ist.

Der Vater dieser beiden Priester, Simon Koch, ist 1773 im Wald Honau von einer Tanne gefallen und war sofort tot, erst 37 Jahre alt. Seine Witwe Agatha geborene Albrecht heiratete 1773 wieder, und zwar Josef Haug von Dotternhausen. In dieser Ehe hat sie noch vier Kindern das Leben geschenkt, darunter Andreas Haug, geboren 1780 in Weilen. Das Familienregister meldet, daß er Weltpriester geworden ist. Näheres ist nicht verzeichnet. Die Mutter der 3 genannten Priester Michael Koch, Matthäus Koch und Andreas Haug muß eine sehr fromme Frau gewesen sein. Wieviel Opfer muß sie gebracht haben, um 3 Söhne studieren zu lassen!

Ein Sohn des Bauern und Kirchenpflegers Chrysostomus Koch, der 1778 das Haus Nr. 35 gebaut hat, ist Pfarrer Ignaz Koch. Er wurde 1779 in Weilen geboren und ist 1842 gestorben. Sein Grab ist heute noch in der Kirche in Herrenzimmern bei Rottweil zu sehen.

Als Sohn des Schneiders und Vogtes Matthäus Seifriz und seine Frau Agatha geborene Blepp kam 1779 Pfarrer Ludwig Seifriz auf die Welt. Nach dem Zeugnis von Verwandten war er längere Zeit Pfarrer in Berg bei Ravensburg. Er starb 1828.

Von dem Kaplan Joachim Koch ist in diesem Buch schon berichtet worden (Seiten 112 u. 123). Er ist hier 1713 als Sohn des Bauern und Kreuzwirts Joachim Koch und seiner Frau Magdalene geborene Bernhard geboren. Er war in seiner Heimatgemeinde Weilen Kaplan, starb hier 1752 im Alter von erst 39 Jahren und wurde in der Kirche beerdigt.

6.4 Bildhauer und Kunstmaler in und aus Weilen

Berühmt ist unser Ort durch die Kunstwerke eines Bildhauers dessen Namen man nicht mehr kennt. Er ist unter der Bezeichnung Meister von Weilen in die Kunstgeschichte eingegangen. Skulpturen von ihm stehen im hiesigen Gotteshaus (siehe Seite 126). Es ist wohl nicht anzunehmen, daß er hier geboren ist; seine künstlerischen Fertigkeiten scheint er sich im Breisgau erworben zu haben. Aber in Weilen scheint er um 1530 an seinen Figuren gearbeitet zu haben.

Als Holzbildhauer machte sich auch Professor Johannes Koch aus Weilen einen Namen. Er kam am 8. Januar 1849 in Weilen als Sohn des Bauern Karl Koch und seiner Frau Maria geborene Stengele zur Welt. In München studierte er die Holzschnitzerkunst. In Furtwangen im Schwarzwald verheiratete er sich mit Amalie Rombach aus Vöhrenbach. Johannes Koch hat außer der Madonna (siehe Seite 128), die jetzt auf der Kirchenbühne ist, die Lourdes-Madonna in der Kapelle geschnitzt. In Furtwangen war Johannes Koch Professor und lange Jahre Vorstand der Badischen Schnitzereischule. Im Sommer 1907 wurde Professor Koch krank; er starb in Weilen an Schwermut am 28. September 1907.

In einem langsamen, zähen Ringen mit Entbehrungen und Not gelangte ein anderer Weilener Sohn zum gesteckten Ziel als Kunstmaler. Es handelt sich um August Blepp, der am 9. Januar 1885 geborene Sohn des Schultheißen Johann Georg Blepp und seiner Frau Elisabeth geborene Koch. Nach einer Handwerkslehre in Hechingen arbeitete er als Malergeselle in der Schweiz und in Stuttgart, wo er sich an der Kunstakademie bei Professor Hoelzel in Wandmalerei weiterbildete. Doch 1914 wurde er eingezogen; schwer litt August Blepp unter dem Soldatendienst. Nach seiner Heimkehr entwarf er mit ungeheurem Fleiß Zeichnungen, Studie und Ölbilder. 1921 malte er das Innere der Kirche von Ratshausen aus. Dann folgten Gemälde für die Gotteshäuser in Rottweil – Altstadt, Frittlingen, Lautlingen, Herrenzimmern und Kirchenhausen bei Donaueschingen. Hier können nicht alle Werke aufgezählt werden, die August Blepp geschaffen hat. Aber nicht vergessen werden dürfen die beiden Altarflügel in unserer Kirche mit Passionsdarstellungen und Szenen aus der Nikolauslegende. Diese Bilder von August Blepp umrahmen den Hochaltar des berühmten „Meisters von Weilen“. Die Gemeinde Weilen verlieh 1935 August Blepp das Ehrenbürgerrecht. Verheiratet war der Künstler mit Klara Anna Starke aus Stuttgart. Das Paar wohnte hier in Weilen im elterlichen Haus. Die Ehe blieb Kinderlos. August Blepp wurde am 14. August 1949 im Alter von 64 Jahren aus seinem Schaffen vom Tod herausgerissen.

6.5 Die Übernamen von Weilen und Schörzingen

Es gibt wenig Ortschaften, die keine Übernamen haben. Wie sind die Einwohner von Weilen und die von Schörzingen zu ihren Spitznamen „Hummler“ und „Halbhirn“ gekommen? Oberlehrer Konrad Seifriz, dessen Mutter Maria Luise geborene Koch von Weilen stammte und der eine Chronik von Markelsheim bei Mergentheim und von Biberach/Riß geschrieben hat, gibt in seinem Buch „Jugenderinnerungen aus meiner Heimat Schörzingen“ folgende Aufzeichnung seines Urahns Hilarius Seifriz (1758-1828) in Schörzingen wieder: Es war Anno 1787 am Feste der Apostelfürsten Peter und Paul. Die Schörzinger Ledigen waren auf eine saftige Festpredigt gefasst. Hatten sie doch nach dem üblichen Pfingstritt, das ist die jährliche berittene Prozession durch den Winteresch, noch ihre „Menscher“ (Mädchen) zu sich aufs Ross genommen, um einen kleinen „Sputz“ auf den Hohenberg zu machen. Auf dem Hohenberger Hof war nämlich im Jahr vorher (1786) der Schörzinger Bauer Jakob Hauschel als Lehensträger aufgezogen, und dem sollte dieser kurze Besuch gelten. Aber auf dem Heimweg geriet – wie es so geht – die ganze Gesellschaft noch in die Deilinger Krone, von wo sie erst nach dem Betzeitläuten heimkam. Und das musste doch von der Kanzel öffentlich gebrandmarkt werden.

Auch sollte wieder einmal gehörig gegen den gröblichen Unfug gewettert werden, daß die „gottvergessene“ Jugend nun beinahe jeden Sonntag-Nachmittag die Christenlehre schwänze und auf den Wochenberg ziehe, um mit den Weilener Buben, die in nichts besser seien, jene uralten völkischen Händel auszutragen, an denen sich selbst alte Flegel, so groß wie Hopfenstangen, aus dem Hinterhalt beteiligten. Und die schlimmen Folgen seien Versäumnis der Nachmittagsgottesdienste, schmutzige und zerrissene Kleider und nicht selten blutige Köpfe.

Bei Gott, diese Predigt war gut aufgesetzt, aber gehalten sollte sie nicht werden; dafür wollten die Schörzinger Buben schon sorgen. In der Frühe des Festtages Peter und Paul – der Mesner hatte schon das rote Kanzeltuch über die Brüstung geschlagen und war auf den Turm gestiegen, um die Kirchenuhr aufzuziehen – da war ein Bursche durchs Glockenhaus in die Kirche auf die Kanzel geschlichen, wo er unter das rote Tuch eine Anzahl spitziger Schuhnägel, mit den Spitzen nach oben legte.
Der würdige Pfarrherr, Exjesuit Nikolaus Landherr, der die Gewohnheit hatte, viel und kräftig mit den Händen zu sprechen, bestieg die Kanzel. Er begann mit einem Lob auf die beiden Heiligen des Tages, reckte dann beide Arme in die Höhe: „Ja die beiden Apostelfürsten Petrus und Paulus waren große Heilige…“ Indessen sausten die Arme hernieder. „Herrgott! Himmel! Heiland! Sakrament!“ Vor Schmerz verzog er seinen Mund und zog die Nägel aus den Fäusten. Die Predigt war nun schon zu Ende, und das folgende Hochamt verlief mit wenig Andacht.

Am Nachmittag aber stiegen die Schörzinger Buben, die kleinen und die großen (sie hatten ja den Inhalt der Predigt nicht erfahren), wieder den Wochenberg hinan. Die Weilener hatten schon ihre Stellungen eingenommen. Mit viel Geschrei und auserlesenen Schimpfworten wurden die Händel eingeleitet. Dann folgten mutige Herausforderungen wie weiland David und der Riese Goliath. Nun sauste der erste Stein durch die Luft, dem bald ein ganzer Hagel hinüber und herüber folgte.

Die großen Kerle mit Haselnußstecken lagen beiderseits noch versteckt hinter den Fronten in Bereitschaft. Aber ehe es zum Nahkampf kam, hatte der Anführer der Schörzinger einen Stein an den Kopf bekommen und musste zum Verbandsplatz gebracht werden.

Während der entstandenen Stockung im Kampf trat aus den Reihen der Schörzinger ein kleiner Knirps, bei dem Hose und Weste noch ein Ganzes waren und bei dem der Hemdzipfel herausguckte, wo der Rücken aufhört, seinen anständigen Namen zu führen, vor die Front und stotterte aufgeregt: „Jo, ihr Weilemer Kerli, ihr hont isem Bachuori (Bach-Ulrich, geboren 1768, gestorben 1842) `s halb Hirn rausgworfa!“ Darüber erhob sich bei den Weilenern ein wahres Indianergeheul: Halbhirn! Halbhirn! Halbhirn!“

Bald aber ging die Schlacht weiter, und alsbald kam es zum Nahkampf mit Haselnußstecken. Aber auch die Weilener mußten gleich darauf ihren Hauptmann blutend wegführen. Sie baten um Waffenstillstand, da der lange Cyriak Seifriz (geboren 1767, gestorben 1833) eins an den Kopf bekommen hatte, daß ihm der Schädel brummte, wie wenn ein ganzes Dutzend Hummeln drin säßen. Und wie ein verabredeter Sprechchor erscholl es nun aus den Reihen der Schörzinger: „Hummler - Hummler – Hummler!“

Für heute war die Schlacht aus, aber seit dem 29. Juli 1787 haben sowohl die Schörzinger als auch die Weilener ihre örtlichen Spitznamen bis auf den heutigen Tag: „Halbhirn“ oder „Hummler“. Einer anderen Überlieferung nach sollen die Weilener „Ommeler“ oder „Ummeler“ heißen, weil sie ein sehr unruhiges Völkchen seien. Als „Hommeler“ (Hummeln werden auch die Bubsheimer verspottet. Die Weilener aber ertragen ihren Übernahmen mit Fassung.

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